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Bildung als Schlüssel für eine erfolgreiche Bioökonomie-Transformation

Nationale und internationale Politikpapiere betonen die Rolle des Bildungssektors für eine Transformation hin zu einer Bioökonomie. In der Praxis arbeiten verschiedene Akteure an Angeboten, um Fachkräfte auf zukünftige Herausforderungen vorzubereiten. So setzt man an der Universität Hohenheim auf einen Bioökonomie-Masterstudiengang, Projekte zur Weiterbildung von Fachkräften sowie die Gründung der Europäischen Bioökonomie-Universität.

In Politik und Wissenschaft wird die Entwicklung der Bioökonomie als Möglichkeit zur Versöhnung ökologischer, sozialer und ökonomischer Ziele betrachtet. Hierfür setzt die Bioökonomie auf eine umfassende Nutzung biologischer Ressourcen für die Bereitstellung von Produkten und Dienstleistungen in allen gesellschaftlichen Bereichen und wirtschaftlichen Sektoren. Dies setzt einen grundlegenden strukturellen Wandel voraus, welcher sich durch stark veränderte Anforderungen an (zukünftige) Fachkräfte abbildet.

Die Bioökonomie lebt von einer starken Verschränkung verschiedener Wissenschafts- und Wirtschaftsbereiche, weshalb bioökonomische Fachkräfte in diversen, interdisziplinären Teams zusammenarbeiten werden. Somit ist es von Vorteil, wenn diese über ausgeprägte Kommunikations- und Moderationsfähigkeiten verfügen, um zum Gelingen entsprechender kooperativer Bemühungen beizutragen. Zudem sollten Bioökonomiefachkräfte in der Lage sein, neue Chancen und Entwicklungen im Bereich der Bioökonomie zu erkennen und diese unter Gesichtspunkten ihres Beitrags für eine nachhaltige Entwicklung einzuschätzen.

Von der Pike auf gelernt – Experten für die Transformation

Das Symbolbild des Masterstudiengangs mit dem Leitslogan „Change the system. Shape the Future“. © Universität Hohenheim / unger + kreative strategen GmbH

In Anbetracht dieser besonderen Herausforderungen wird der Stellenwert dezidierter Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen in Empfehlungen und Strategiepapieren betont (vgl. u. a. EU20181 oder BÖR2). Empfehlungen umfassen unter anderem die Etablierung dezidierter Bioökonomie-Masterstudiengänge, die den Anforderungen an zukünftige Bioökonomiefachkräfte Rechnung tragen. So hat man beispielsweise an der Universität Hohenheim 2014 den internationalen Masterstudiengang Bioökonomie ins Leben gerufen. Dieser beruht auf einem starken interdisziplinären Fundament und wird von allen drei Fakultäten (Agrar-, Natur- sowie Wirtschafts- und Sozialwissenschaften) der Universität getragen.

Einen wichtigen Bestandteil des Curriculums stellen Projekt- und Gruppenarbeiten dar. In deren Rahmen kombinieren die Studierenden, die aus allen Teilen der Welt kommen, ihre ganz eigenen Perspektiven und Fähigkeiten. „Dabei greifen diese auf Methoden und Herangehensweisen der verschiedenen Disziplinen zurück und nutzen jene, um bioökonomische Probleme zu analysieren. Daraus entstehen oftmals sehr innovative Ansätze“, erklärt Prof. Iris Lewandowski, die den Studiengang koordiniert. Das Curriculum und die Ausbildung orientieren sich hierfür am sogenannten T-Profil. „Unser Ziel ist es, Experten und Expertinnen mit einer holistischen Sichtweise auf die Bioökonomie auszubilden“, fügt die Agrarwissenschaftlerin hinzu. Die Basis hierfür bilden Fähigkeiten und Wissen aus dem Bachelorstudium, die während des Masterstudiums vertieft werden. Hinzu kommen Inhalte, die ein grundlegendes Verständnis für andere bioökonomisch relevanten Felder verschaffen, und Schulungen der Moderationsfähigkeit, um Kollaborationen in komplexen Bioökonomiekontexten zu katalysieren. Ähnliche Studienmodelle werden mittlerweile auch an anderen Universitäten, wie jenen in Bologna oder Wageningen umgesetzt, was die Relevanz der Ausbildung ausgesprochener Bioökonomie-Spezialisten unterstreicht.

Nichtsdestotrotz werden auch diese in Zukunft auf die Erfahrungen und das Wissen klassisch-disziplinär ausgebildeter Experten angewiesen sein. Allerdings können auch jene von einer auf die Anforderungen der Bioökonomie zugeschnittenen Weiterbildung profitieren. Eine wachsende Anzahl von Online-Kursangeboten, die in Kooperationen verschiedener Institutionen und Universitäten entwickelt werden, zielt daher auf diese Gruppen ab.

Das historische Schloss Hohenheim bildet die Bühne für die Äktivitäten der Universität Hohenheim im Bereich der Bioökonomie. © Universität Hohenheim / Gabriela Hausenstein

Beispielsweise arbeitet ein Verbund der Universitäten aus Ostfinnland, Aarhus, Wageningen und Hohenheim seit September 2018 an einer Online-Lernplattform (MOOC3) für die Bioökonomie. Im Projekt „Accelerating the transition towards a BioBased Economy via Education” (ABBEE) sollen neben Kursen, die ein grundlegendes Verständnis der Bioökonomie und ihrer Herausforderungen und Möglichkeiten aufzeigen, auch Fähigkeiten der Innovationsfindung und des Unternehmertums auf der Agenda stehen. Dieses Angebot soll einerseits interessierten Studierenden in ihrer Ausbildung helfen, andererseits vor allem bereits in der Bioökonomie tätigen Fachkräften zur Weiterbildung dienen und diese mit den Chancen des biobasierten Wirtschaftens sowie interdisziplinären und cross-sektoralen Fähigkeiten vertraut machen. Im Fokus steht dabei im Besonderen ein systemisches Verständnis der Bioökonomie, welches es den Teilnehmenden erlaubt, neue Verknüpfungen von biobasierten Wertschöpfungsketten zu etablieren. Mehrere Kooperationen der Projektpartner mit Unternehmen und industrienahen Gesellschaften (darunter auch die BIOPRO Baden-Württemberg GmbH), stellen dabei die praktische Relevanz der Inhalte sicher.

Das Leuchtturmprojekt Europäische Bioökonomie-Universität

ABBEE und der Masterstudiengang Bioökonomie sind hervorragende Beispiele für die praktische und unmittelbare Umsetzung von Bildungsaktivitäten im Kontext der Bioökonomie. Diese werden aber auch durch Aktivitäten mit einem stärkeren strategischen Fokus komplementiert. So wurde am 21. November 2018 offiziell die Gründung der Europäischen Bioökonomie-Universität bekanntgegeben. Diese ist als eine Allianz europäischer Universitäten zu verstehen, die sich in der Bioökonomie engagieren und hervortun. Hierzu gehören die Universitäten aus Wageningen, Bologna, Ostfinnland, Hohenheim sowie die Universität für Bodenkultur in Wien und die französische AgroParisTech.

Gemeinsam verschreibt man sich der Förderung der Bildung und Forschung für einen Wandel hin zu einer biobasierten Wirtschaft und möchte diese für Europa wesentlich mitgestalten. Im Zuge der Kooperation strebt man an, den wissenschaftlichen Austausch zwischen den Universitäten zu stärken und im Bereich der Bildung, gemeinsame Potenziale auf inhaltlicher und methodischer Ebene zu nutzen sowie die studentische Mobilität in Europa zu fördern. Das Vorhaben steht somit in einer Linie mit der Vision Emanuel Macrons, welcher die Einrichtung europäischer Universitäten fordert, um den europäischen Gedanken zu stärken und die europäische Wissenschaft im globalen Maßstab sichtbarer zu machen. „Mit der Gründung der Europäischen Bioökonomie-Universität können wir gemeinsam einen Beitrag hierzu leisten und die globale Spitzenposition der europäischen Bioökonomie stärken“, ist sich Lewandowski, welche die Universität Hohenheim in allen Belangen der Bioökonomie vertritt, sicher.

Offensichtlich bedarf die Transformation hin zu einer Bioökonomie beträchtlicher struktureller Änderungen. Dies gilt im Besonderen für den Bereich der Aus- und Weiterbildung. Die angeführten Beispiele zeigen aber deutlich, dass dieser Bereich bereits im Wandel begriffen ist, um der europäischen Bioökonomie den Weg zu ebnen.

Literatur

1 European Commission 2018. A sustainable bioeconomy for Europe: strengthening the connection between economy, society and the environment. Updated Bioeconomy Strategy

2 Bioökonomierat 2018. Thesen zur Gestaltung der Bioökonomiepolitik 2018

3 Massive Open Online Course

4 https://www.uni-hohenheim.de/pressemitteilung?tx_ttnews%5Btt_news%5D=42081&cHash=5de79965821248fc55583b67d0fda59c (Stand: 26.02.2019)

Seiten-Adresse: https://www.biooekonomie-bw.de/fachbeitrag/aktuell/bildung-als-schluessel-fuer-eine-erfolgreiche-biooekonomie-transformation