breen biotec entwickelt Algen-Bioreaktoren
Algen sind vielseitige Wertstoff-Lieferanten. Die Bandbreite reicht von Kraftstoffen wie Biodiesel bis zu pharmazeutischen Wirkstoffen. Selbst Reststoffe aus der Produktion können noch verwertet werden: als Tierfutter. Das junge Stuttgarter Unternehmen breen biotec will die Algenproduktion mit neuartigen Reaktoren und Verfahren zu einer wirtschaftlich und technologisch tragfähigen Plattform ausbauen.
Hinweis der Redaktion:
Nach unserer Kenntnis ist dieses Unternehmen nicht mehr geschäftlich aktiv. Die Webseite ist offline.
(Stand 29.01.2013)
Dr. Bernd Kaltenhäuser ist Gründer und Geschäftsführer von breen biotec. Das Unternehmen kultiviert Mikroalgen und gewinnt daraus Biodiesel und Wertstoffe.
© Kaltenhäuser, breen biotec
breen biotec ist ein Beispiel für den gelungenen Transfer von Forschungswissen aus der Hochschule in die Industrie. Das Unternehmen wurde 2009 von dem Physiker Dr. Bernd Kaltenhäuser aus der Universität Stuttgart heraus gegründet. Dabei brachte der Wissenschaftler bereits Erfahrung aus der Wirtschaft mit. Kaltenhäuser hatte am 5. Physikalischen Institut der Uni Stuttgart mit einem Thema aus der Laseroptik und der Atomphysik promoviert und war anschließend anderthalb Jahre als Unternehmensberater in der Industrie tätig gewesen. Mit der Idee zur Entwicklung eines neuartigen, besonders wirtschaftlichen Bioreaktors zur Produktion von einzelligen Algen kehrte er dann an die Universität zurück.
Mithilfe von Mitteln aus dem Förderprogramm EXIST des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie, BMWi, setzte er am 5. Physikalischen Institut mit Unterstützung des Instituts für Organische Chemie sein Konzept um. Kaltenhäuser brachte die ersten Prototypen auf den Weg und gründete dann sein eigenes Unternehmen breen biotec. Es wird zurzeit im Rahmen des Landesprogrammes „Junge Innovatoren“ vom Wissenschaftsministerium Baden-Württemberg gefördert. Parallel zur Weiterentwicklung seiner Anlagen ist Kaltenhäuser dabei, Gelder für eine erste Finanzierungsrunde zu akquirieren. Er war und ist mit einigen Investoren im Gespräch, ist jedoch offen für weitere Kontakte.
Investoren für erste Finanzierungsrunde gesucht
Er hofft, mit neuem Kapital seine Expansionspläne zügig umsetzen zu können. Eine erste, etwa 900 Quadratmeter große Anlage zur Algenproduktion soll in Deutschland entstehen, eine zweite auf einer Fläche von acht Hektar würde er gerne in Spanien bauen. „Wir hoffen, beide Ziele in zirka vier Jahren erreicht zu haben, vorausgesetzt, es klappt mit der Finanzierung“, sagt Kaltenhäuser. Dabei sind die Flächen nicht das Problem. Sowohl in Deutschland als auch in Spanien ist er im Gespräch mit Energieversorgern, die breen biotec das nötige Gelände zur Verfügung stellen würden. Geldgeber braucht der Jungunternehmer vor allem für die Produktion der Algenreaktoren und die Startphase ihres Betriebs.
Die Anlagen entstehen aus einer Vielzahl einzelner Elemente, die auf besondere Weise miteinander verschaltet werden. Die plattenartigen Module sind jeweils nur sechs Zentimeter hoch und können direkt auf den Boden gelegt werden. Diese Konstruktionsweise ist einer der Vorteile des neuen Systems, wie Kaltenhäuser erklärt: „Bisherige Algenreaktoren sind zwar ebenfalls günstig in der Herstellung, haben aber oft den Nachteil, dass sie an Gerüsten oder Gewächshäusern verankert werden müssen, was die Kosten in die Höhe treibt. Durch die einfache Bodenlagerung entfallen diese Kosten bei uns.“
breen biotec setzt auf Wirtschaftlichkeit durch technische Innovationen
Die einzellige Grünalge Chlorella vulgaris lässt sich in Algen-Bioreaktoren relativ einfach in Kultur halten.
© Kaltenhäuser, breen biotec
Als zweiten Vorteil nennt Kaltenhäuser die besondere Prozessführung zur Nährstoffversorgung und Umwälzung der Algen in ihrem wässrigen Medium. Eine permanente Umwälzung ist allein schon deshalb nötig, damit alle Algen möglichst gleichmäßig mit Licht versorgt werden und nicht ein Teil von ihnen in den unteren Schichten darben muss. „Zur Umwälzung wurde schon viel ausprobiert, manche Systeme arbeiten mit Schaufelrädern, andere mit Wasser- oder Luftdruck. Es blieb jedoch schwierig, wirtschaftlich zu produzieren“, erklärt Kaltenhäuser. Er setzt ebenfalls auf Luftdruck, hat jedoch eine besondere Methode entwickelt, bei der an jedem einzelnen Element Luftdruck angelegt wird. „An nur einer Stelle der Anlage Luftdruck anzulegen, bringt nichts, denn gegen die dagegen haltende Wasserkraft kommt man nicht an. So jedoch müssen wir gegen relativ geringe Widerstände arbeiten, was das Gesamtsystem effizient macht“, so Kaltenhäuser.
Auch in die Bewohner der Anlagen, Süßwasseralgen der Art Chlorella vulgaris, investiert Kaltenhäuser Forschungs- und Entwicklungsaufwand. Diese Algenart wächst zwar prinzipiell gut und ist unkompliziert in der Haltung, für die Bioproduktion gibt es jedoch noch Optimierungspotenzial. „Wir wollen die Algen so züchten, dass sie möglichst viel Fett ansetzen, denn über die Extraktion dieses Fettes wird letztlich Biodiesel gewonnen“, sagt Kaltenhäuser. Er variiert unter anderem die Nährstoffzugabe, um den Fettgehalt zu steigern. Auch andere Algenarten, etwa Salzwasserarten, könnten in Zukunft Aufnahme als Produktionsstamm finden. Das A und O ist die Wirtschaftlichkeit des Algenöls. „Mineralölkonzerne kaufen natürlich dort, wo es am billigsten ist. Da unser Unternehmen zu klein ist, um den Marktpreis zu bestimmen, muss ich versuchen, günstiger zu sein als die herkömmlichen Lieferanten“, sagt Kaltenhäuser.
Umweltgerechte Biodiesel-Produktion
In solchen Bioreaktoren aus lichtdurchlässigem Kunststoff werden die Algen gehalten.
© Kaltenhäuser, breen biotec
Die Abtrennung der Fette von den Reststoffen macht Kaltenhäuser noch selbst. Beide Produkte verkauft er dann an Veresterungsanlagen. „Die Betreiber kaufen Algenöl, wie sie auch Rapsöl kaufen, verestern diesen Rohstoff und verkaufen das Produkt direkt an Mineralölkonzerne“, so Kaltenhäuser. Damit kommt er gleich auf einen großen Vorteil der algenbasierten Produktion zu sprechen, denn die Algenproduktion tritt nicht in Konkurrenz mit dem Anbau von Nahrungsmitteln. Algenreaktoren können im Grunde überall stationiert werden, fruchtbare Erde ist dafür nicht nötig. „Für die Produktion von Algen-Biodiesel müssen keine Urwälder abgeholzt werden. Da hier eine umweltgerechte Produktion möglich ist, entfallen auch Akzeptanzprobleme“, ist sich Kaltenhäuser sicher.
Was genau mit den Reststoffen aus der Algenproduktion passieren soll, ist noch nicht ganz sicher. „Zurzeit dürfen die Reststoffe zu Tierfutter für Fische und Haustiere verarbeitet werden, jedoch nicht für die Viehhaltung. Das ist eine Option, die von der kommenden EU-Gesetzgebung abhängt“, sagt Kaltenhäuser. Mögliche Abnehmer zur Viehfutterproduktion sind ebenfalls die Betreiber von Veresterungsanlagen, da sie heute bereits die Reststoffe aus der Rapsproduktion kaufen und weiterverarbeiten.
Eine weitere Zukunftsoption ist die wirtschaftliche Produktion von pharmakologischen Wirkstoffen in und mit Algen. Dabei gibt es noch einigen Forschungsbedarf, dem breen biotec jetzt gemeinsam mit akademischen Partnern nachgehen möchte. Ein Förderantrag auf Bundesebene ist bereits in Arbeit. „In einem BMBF geförderten Verbundprojekt wollen wir gemeinsam mit der Universität Greifswald die Möglichkeiten zur Pharmaproduktion in Algen ausloten“, bestätigt Kaltenhäuser.