Fraunhofer IGB - Vom biobasierten Grundstoff zum Produkt
Das Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik befasst sich mit angewandter Forschung in den Geschäftsfeldern Medizin, Pharmazie, Chemie, Umwelt und Energie. Das Institut sucht nachhaltige Lösungen und nutzt dabei die Natur als Vorbild.
Die industrielle Biotechnologie ist ein Schwerpunkt des Stuttgarter Fraunhofer-Instituts für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik (IGB) unter der Leitung von Prof. Dr. Thomas Hirth. Die Wissenschaftler und Ingenieure versuchen dabei nachwachsende Rohstoffe als biogene Rohstoffe zu erschließen. Die Arbeitsgruppe „Weiße Biotechnologie“ der Abteilung Molekulare Biotechnologie, unter Leitung von PD Dr. Steffen Rupp (Abteilungsleiter) befasst sich mit der Prozesskette, beginnend beim biobasierten Grundstoff bis zum Vorläuferprodukt, das in der chemischen oder Polymerindustrie verwendet werden kann.
Susanne Zibek, technische Biologin, Ingenieurin und Leiterin der Arbeitsgruppe, unterteilt den Prozess in verschiedene Arbeitsschritte: „ Wir untersuchen und entwickeln den Upstream-Prozess, indem wir die nachwachsenden Rohstoffe so aufbereiten, dass sie von den Mikroorganismen umgesetzt werden können“, erklärt Zibek. Ein weiterer Arbeitschritt ist die Biotransformation. Hier entwickelt das Fraunhofer IGB Verfahren, die eine Konversion des Rohstoffs in ein Produkt ermöglichen. „Wir versuchen die Stoffwechselwege zu verstehen, um so während der Fermentation die Konversion zu optimieren und eine bessere Produktausbeute zu erhalten“, so Zibek. Als Produkte können dabei zum Beispiel langkettige Dicarbonsäuren gebildet werden.
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Neue Enzyme aus dem Waldboden
Die DNA der Mikroorganismen aus der Bodenprobe wird in Laborstämmen exprimiert.
© Fraunhofer IGB
Neben der Stammoptimierung ist das Enzymscreening ein weiteres Mittel, um neuen Biokatalysatoren den Einzug in die industrielle Biotechnologie zu ermöglichen. Das Ziel des Screenings ist es, neue Enzyme oder Mikroorganismen zu finden und diese industriell nutzbar zu machen. Auf der Suche nach Chitinasen, die eine effiziente Umwandlung des Chitins in seine monomeren Bestandteile (N-Acetylglucosamin) ermöglichen, setzten die Forscher auf diese Technik. „Dazu untersuchten wir eine Waldbodenprobe, die mit hoher Wahrscheinlichkeit Chitin enthält und somit auch Mikroorganismen, welche die Möglichkeit haben dieses abzubauen“, erklärt Zibek. Denn sowohl das Exoskelett der im Wald lebenden Insekten als auch die Zellwände von Pilzen enthalten Chitin. In Anreicherungskulturen können die in der Probe enthaltenen Mikroorganismen wachsen und anschließend die Aktivität der enthaltenen Chitinasen über spezielle Assays bestimmt werden.
Da jedoch ein großer Teil der in der Natur vorkommenden Mikroorganismen nicht kultivierbar ist, wählten die Forscher noch einen zweiten Weg und legten eine Metagenom-Bank an. „Der Vorteil hierbei ist, dass die gesamte DNA der Bodenprobe in ein kultivierbares Bakterium wie Escherichia coli eingebracht wird und somit analysierbar ist“, sagt Susanne Zibek. Im Falle des Chitins konnten die Forscher in den Anreicherungskulturen mehrere Enzyme identifizieren, die für den Chitinabbau zuständig sind.
Dicarbonsäuren als Basis für biobasierte Kunststoffe
Hefestamm Candida tropicalis
© Fraunhofer IGB
Als Alternative zu fossilen Rohstoffquellen in der Kunststoffproduktion greifen die Fraunhofer Forscher auf langkettige Dicarbonsäuren zurück. „Die Herstellung langkettiger Dicarbonsäuren ist auf chemischen Wege recht problematisch, da bei langen Ketten viele Nebenprodukte anfallen“, berichtet Susanne Zibek. Das Fraunhofer IGB hat daher ein biotechnologischen Verfahren zur Herstellung von langkettigen Dicarbonsäuren entwickelt. Die Hefe Candida tropicalis kann mittels Omega-Oxidation langkettige Dicarbonsäuren herstellen, so dass aus der im Rapsöl enthaltenen Ölsäure 1,18-Octadecensäure gebildet wird. „Zunächst werden dafür die Triglyceride des Rapsöls durch eine Lipase unter anderem in die Ölsäure sowie das Glycerol gespalten“, erklärt Zibek. Anschließend kann die Hefe die alpha,omega-Dicarbonsäure herstellen. „Unser Fokus lag nun darin, den Prozess wirtschaftlicher zu machen“, so die Bioverfahrenstechnikerin. So wird die Aufreinigung des Produkts durch den Einsatz von Mineralsalznährmedium erleichtert. Darüber hinaus können durch Verfahren wie die Hochzelldichtefermentation hohe Biomassekonzentrationen erreicht werden, die letztlich zu einer hohen Konversionsrate zu dem gewünschen Produkt führen. „Unsere Prozessoptimierungen haben demnach eine hohe Produktbildungsrate als Ziel“, erklärt Zibek. Im Moment entwickelt das Fraunhofer IGB neue Stämme, die Dicarbonsäuren herstellen können, um eine Alternative zu dem pathogenen Candida-Hefestamm zu haben.
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