Insilico Biotechnology AG: Strategische Unternehmensausrichtung sichert Wachstum
Die Insilico Biotechnology AG aus Stuttgart gestaltet und optimiert biotechnologische Prozesse für die chemische, pharmazeutische und Ernährungsindustrie. „Wir liefern Vorhersagen für das Verhalten von Zellen oder Organismen. Dadurch können wir die Entwicklungszeit für neue biotechnologische Prozesse verkürzen oder bestehende Prozesse optimieren – etwa für die Produktion von Medikamenten“, sagt Klaus Mauch, Geschäftsführer von Insilico. Das Unternehmen verfügt über eine weltweit einmalige Systembiologie-Plattform, welche proprietäre Datenbanken, Zellmodelle und rechnergestützte Auswerteverfahren zusammenfasst. Durch Integration und Auswertung experimenteller Daten mittels genomweiter Netzwerkmodelle bietet Insilico neue Lösungen zur Herstellung von Biochemikalien und Biopharmazeutika sowie Validierung von Wirkstoffen. Zu den Kunden gehören große Industrieunternehmen, in Baden-Württemberg zum Beispiel die Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG in Biberach.
Seit ihrer Gründung im Jahr 2001 ist die Insilico Biotechnology AG stark gewachsen. Heute arbeiten am Standort Stuttgart rund 20 Mitarbeiter an der Simulation biochemischer Prozesse in lebenden Zellen. „Wir sind erfolgreich bei der Lösung technisch anspruchsvoller Fragestellungen“, so Klaus Mauch. „Aber stolz sind wir vor allem auf die wirtschaftliche Umsetzung unserer Lösungen in Kooperation mit führenden industriellen Partnern.“
Im Dezember 2011 bezog die Insilico Biotechnology AG neue Geschäftsräume im Stuttgart Engineering Park (STEP). Hier hat das Unternehmen ganz neue Möglichkeiten, was die technische Infrastruktur angeht, und kann seinen Kunden dadurch sehr umfangreiche Ressourcen bereitstellen. „Wir haben eigene mittelgroße Rechen-Cluster, können aber bei Bedarf Aufgaben an das High Performance Computing Center Stuttgart (HLRS) der Universität Stuttgart auslagern, wo uns Rechen-Cluster mit mehr als 100.000 Rechenkernen zur Verfügung stehen", so Mauch.
Die Weichen zur richtigen Zeit gestellt
Insilico Biotechnology nutzt komplexe Computer-Modelle zur Simulation von Bakterien, Säugerzellen und Organen.
© Insilico Biotechnology AG
Meilensteine in der Unternehmensentwicklung waren der Kompetenzaufbau im Bereich Softwareentwicklung und die Entscheidung, Insilico vom reinen Servicedienstleister zu einem Anbieter von Software und Services weiterzuentwickeln. „Softwareentwicklung schafft Freiraum für Innovationen. So haben wir in diesem Jahr eine innovative Software-Lösung zur automatisierten Analyse von Bioprozessen vorgestellt“, sagt Klaus Mauch. Die neue Enterprise-Software Insilico Inspector™ ermöglicht neben einer zeitaufgelösten quantitativen Analyse auch den grafisch unterstützten Vergleich der Performance von Fermentationsprozessen, Stämmen und Zelllinien. Sie nimmt Technikern, Wissenschaftlern und Projektmanagern das zeitraubende Sichten und Verarbeiten der Prozessdaten ab und liefert durch den Vergleich und die Auswahl der besten Stämme, Klone oder Prozesskonditionen eine objektive, gut nachvollziehbare Entscheidungsbasis.
„Ein weiteres Beispiel für unser Know-how in der Softwareentwicklung ist unsere Technologieplattform für virtuelle Organe, welche wir ebenfalls in 2013 auf Basis von Forschungsprojekten weiter entwickelt haben“, ergänzt Klaus Mauch. Und weiter: “Inzwischen steht ein Organmodell der Leber inklusive Blutkreislauf zur Verfügung. Es geht darum, durch rechnergestützte Simulationen Vorhersagen zu Wirksamkeit, Nebenwirkungen oder toxischen Eigenschaften von Wirkstoffen, Chemikalien oder Kosmetika zu treffen. Die Plattform ist vor allem für Kunden aus der Pharma-, Chemie- und Kosmetikindustrie interessant, die mit Hilfe dieser Technologie computerbasierte Toxizitätstests durchführen können.“ Langfristig wird das Modell somit Tierversuche reduzieren können. Das ist auch wichtig im Zusammenhang mit der EU-Chemikalienverordnung REACH zur Meldung, Bewertung und Zulassung von Chemikalien. Diese schreibt vor, dass Hersteller und Importeure die Wirkungen von Chemikalien auf die menschliche Gesundheit untersuchen müssen.
Die Grundlage: Eine leistungsfähige Rechenplattform
Computer-Modelle beschleunigen Forschung und Entwicklung in der Bioökonomie und sollen in Zukunft Tierversuche ersetzen.
© Insilico Biotechnology AG
Eine deutliche Herabsetzung der benötigten Rechenzeit trägt wesentlich dazu bei, die Zeit bis zur Markteinführung von Medikamenten in verschiedensten Entwicklungsprozessen zu verkürzen. Insilico führt Simulationen und Optimierungen von hochgradiger Komplexität durch, die Rechenkapazitäten weit jenseits der Kapazitäten eines handelsüblichen PC erfordern. Dazu Klaus Mauch: „Kurz zur Veranschaulichung. Momentan ist die von uns genutzte Technologie bis zu 50.000-mal schneller als ein gewöhnlicher Heim-PC. Dieses Jahr wird das HLRS aber noch einen neuen Superrechner in Betrieb nehmen, den wir dann auch mitnutzen können. In der letzten Ausbaustufe wird dieser Rechner in etwa die Rechenleistung von 200.000 Heim-PC aufweisen.“
Mit dem Zugriff auf Europas schnellsten zivilen Computer CRAY XE6 „Hermit“ ist Insilico in die Dimension des Petaflop-Computing vorgedrungen. Pro Sekunde können über eine Billiarde Rechenoperationen ausgeführt werden. Dies ist insbesondere für das Design innovativer Ganzkörper-Modelle höchst nutzbringend. Hier hatte Insilico die Möglichkeit, „sich auf dieser Infrastruktur eine Alleinstellung zu erarbeiten“, so Klaus Mauch. „Doch gibt es noch zahlreiche technische Herausforderungen, denen man sich noch zu stellen hat. Es ist noch nicht ganz klar, wie man die ungeheure Komplexität solcher Systeme in den Griff bekommen kann, hier gibt es Forschungsbedarf. Andererseits ist der Bereich Diagnostik noch nicht so weit, die notwendigen Input-Größen liefern zu können. In fünf bis zehn Jahren wird sich auf diesem Gebiet aber einiges tun.“
Kooperationen und Partnerschaften
Zahlreiche akademische Partner führen experimentelle Untersuchungen, wie Fermentationen, Metabolit- und Protein-Messungen und In-vitro-Tests, zur Validierung und Weiterentwicklung der Insilico-Technologieplattform durch. So zum Beispiel das Institut für Bioverfahrenstechnik (Prof. Ralf Takors) an der Universität Stuttgart, das Institut für Klinische Pharmakologie Stuttgart (Prof. Matthias Schwab) und die Angewandten Naturwissenschaften der Hochschule Esslingen (Prof. Richard Biener). Im Gegenzug erhalten die Partner Zugang zur Technologieplattform und/oder zu Simulationsergebnissen, welche im Rahmen von Publikationen oder Patenten verwertet werden. „An dieser Stelle sei die Anmerkung erlaubt, dass für Insilico Biotechnology neben der regionalen Vernetzung auch länder- und branchenübergreifende Partnerschaften ganz oben auf der Agenda stehen. Denn der notwendige Schwung lässt sich in der modernen Biotechnologie mittelfristig nicht über eine Kirchturmpolitik erzielen“, betrachtet dies Klaus Mauch kritisch.
Fachkräftemangel? Kein Thema für Insilico!
Für Insilico gibt es keinen Fachkräftemangel. Vielmehr sei es Aufgabe der Unternehmen, die Grundlagen zu schaffen, dass sich interessierte Mitarbeiter dem Unternehmen zuwenden. „Die Ausbildungsmöglichkeiten sind sehr gut und Stuttgart ist eine hochattraktive Stadt mit hervorragender Infrastruktur, was bei der Gewinnung neuer Mitarbeiter eine entscheidende Rolle spielt. Und die Kombination aus Engineering und Life Science in der Region bietet einen Know-how-Transfer, von dem letztendlich alle Unternehmen profitieren“, unterstreicht Klaus Mauch.