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Nachhaltiges Bauen: Gemeinden auf dem Holzweg

Die Zeit des Waldsterbens in Deutschland ist vorbei. Tatsächlich wächst hierzulande der Wald von Jahr zu Jahr. Dies ist nicht nur erfreulich für die Speicherung des Kohlenstoffs. Durch eine Nutzung von Holz ergibt sich auch eine zusätzliche Vermeidung der Kohlendioxid-Emission. Immer mehr Städte setzen nun wieder auf Holzbau, der längst im Hightech-Bereich angekommen ist. Der Wettbewerb von HolzProKlima, koordiniert von proHolzBW, förderte das nachhaltige Bauen in Baden-Württemberg massiv im Sinne des Klimaschutzes.

Das dreigeschossige Seniorenzentrum Frickingen ist mit seinem energetisch optimierten Baukörper barrierefrei. Es beinhaltet 17 Wohnungen und wird über Nahwärme versorgt. © Gemeinde Frickingen

Im Grunde ist nachhaltiges Bauen mit Holz ein Weg, den wir schon immer beschritten haben und weiter beschreiten sollten. Laut proHolzBW gibt es keinen natürlicheren Baustoff und jedes vierte Bauwerk in Baden-Württemberg ist mittlerweile aus Holz gebaut. Viele Gründe sprechen für das Bauen mit Holz: Es erfüllt als nachwachsender Rohstoff alle Umweltauflagen mühelos. Den verschiedenen Bauansprüchen vom Tragwerk bis zur Fassade steht ein vielfältiges Angebot an geeigneten Hölzern gegenüber, das für jeden Einsatz das richtige Material liefert. Durch den hohen Vorfertigungsgrad können Bauprojekte schneller und präziser mit Holz als mit Beton oder Stahl realisiert werden, was wiederum die Baukosten erheblich senkt. Mit seinem geringen Eigengewicht und seiner hohen Tragfähigkeit lässt sich vieles mit Holz realisieren: ob das Aufstocken von Gebäuden, das Schließen von Baulücken oder das Errichten kompletter Häuser. Selbst in punkto Brandschutz übertrifft Holz alle Bestimmungen, da modern gefertigte Holzhäuser im Brandfall langsamer, kontrollierter und sicherer abbrennen als Häuser aus anderen Baustoffen.

Nachhaltigkeit im Fokus

Das Rathaus Frickingen mit seiner ästhetischen transparenten Gebäudehülle bis unter das Dach ist im Jahr 2000 erbaut worden. Seine Besonderheit ist sein Fahrstuhlschacht in Holz. © Pixelzauber / C. Allweier

Soll ein Gebäude auf Nachhaltigkeit ausgerichtet sein, muss in Bezug auf Ökologie und Ökonomie seine gesamte Lebensdauer betrachtet werden: die Planung, Errichtung, Nutzungsweise sowie der Abriss. Ökologisch steht die Bewahrung der Umwelt im Vordergrund, was durch die Schonung der Ressourcen, der Reduktion des Gesamtenergiebedarfs und eine möglichst lange Lebensdauer inklusive Nachnutzung realisierbar ist. Während das Gebäude genutzt wird, liegt das Augenmerk auf der Dämmung, den Energieträgern, dem Wasserverbrauch und der Abfallentsorgung. Nicht zuletzt sind soziokulturelle Aspekte wichtig, wie die Akzeptanz und Wertschätzung eines Baus durch die Gesellschaft. Ist ein Gebäude gut erreichbar? Ist es ästhetisch in der Gestaltung? Wie wirkt es sich auf die Lebensqualität aus? Die proHolz BW GmbH berichtet in ihrem Portal, dass Holz den Herzschlag senkt und sich so positiv auf die Gesundheit auswirken kann. Außerdem atmet Holz und reguliert das Raumklima sowie die Luftfeuchtigkeit.

Holzbau ist praktizierter Klimaschutz

Der Bauhof in Frickingen bietet Platz für Lagerflächen, Werkstätten, Büros und Sozialräume. Der komplette Holzbau konnte wegen des hohen Vorfertigungsgrads von drei Mann in neun Tagen aufgestellt werden. © Architekt Manfred Fetscher, Ilmensee

„Holz erfüllt alle Umweltauflagen und ist schön anzuschauen“, sagt Prof. Dr. Werner Sobek, Bauingenieur, Architekt und Professor an der Universität Stuttgart. Er sieht Klimaschutz als Teil der Generationenverantwortung. Für das Bauen mit Holz spricht vor allem die gute Ökobilanz. „Die Verwendung von Holzprodukten schützt das Klima in doppelter Hinsicht. Bereits beim Wachsen entzieht das Holz der Atmosphäre klimaschädliches CO2, welches über die gesamte Lebensdauer im Holz gespeichert wird. Es ist deshalb sinnvoll, Holz möglichst lange stofflich zu nutzen, bevor es energetisch verwendet wird. Gleichzeitig lassen sich durch Holz andere Materialien wie Stahl oder Beton ersetzen, die erst mit hohem Energieaufwand hergestellt werden müssen“, erklärt Martin Herzberger von der Initiative HolzProKlima. „Mit jedem Kubikmeter Holz lassen sich dadurch etwa zwei Tonnen CO2 einsparen.“ Holz aus nachhaltig bewirtschafteten, heimischen Wäldern ist zudem regional verfügbar, wodurch lange Transportwege entfallen, die ebenfalls das Klima belasten.

Kommunen gehen als Vorbilder voran

Das Rupert-Neß-Gymnasium Wangen im Allgäu wurde mit dem Baupreis Allgäu 2013 ausgezeichnet. © Quirin Leppert

Nachhaltiges Bauen setzt verstärkt auf Holz. Aus dem Grund hat die Initiative HolzProKlima, getragen von 14 Bundesverbänden und Organisationen der Forst- und Holzwirtschaft, zum Ziel, die Öffentlichkeit über die ökologischen und ökonomischen Vorteile von Holz zu informieren und seine stoffliche Nutzung zu steigern. Im Jahr 2017 startete sie bereits die dritte Auflage des landesweiten Wettbewerbs und rief alle Kommunen in Baden-Württemberg auf, die auf nachhaltigen Holzbau setzen und den Klimaschutz dabei berücksichtigen, sich als „Klima-Champion 2017“ zu bewerben und ihre Projekte einzureichen. Damit möchte das Land seine Position als Holzbauland Nummer 1 weiter ausbauen. 40 Kommunen haben sich beworben und gezeigt, wo und wie sie verstärkt Holz beim Bau einsetzen. Die Gewinner wurden von einer offiziellen Jury ermittelt. Zudem wurde auf Basis von 10.000 Online-Bewertungen ein Sonderpreis vergeben. Die drei besten Gesamtkonzepte wurden mit Sachpreisen im Wert von insgesamt 20.000 Euro prämiert und im Juni 2017 bekanntgegeben. Den ersten Preis im Wert von 10.000 Euro erhielt die kleine Gemeinde Frickingen am Bodensee, die seit 30 Jahren ihren 600 Hektar großen Wald nutzt und mit dem schlüssigen Gesamtkonzept eine konsequente und verantwortungsvolle Holzbaukultur mit Nahwärmeversorgung verwirklicht. „Ob in Anbau, Sanierung oder Neubau von Rathaus, Bauhof, Feuerwehr oder Seniorenzentrum – Frickingen zeigt eindrücklich in nachhaltiger Entwicklung die Möglichkeiten des modernen Holzbaus auf und geht als Vorbild voran“, begründet die Wettbewerbsjury ihren Entschluss.

„Wohngesundheit“ in und mit Holz

Der Marienhof in Leutkirch im Allgäu steht auf dem Gelände des ursprünglichen Bauernhofs und ist ihm in seiner Anordnung nachempfunden. © Martin Rudau

Forstminister Peter Hauk verlieh erstmals zwei zweite Preise an die Städte Leutkirch und Wangen im Allgäu. Das Wohnprojekt Marienhof auf dem Gelände eines ehemaligen Bauernhofs in Leutkirch wurde bereits in der Vergangenheit als gelungenes wohngesundes Gemeinschaftsprojekt ausgezeichnet. Sieben individuelle Einfamilienhäuser wurden in nachhaltiger Holzbauweise so angeordnet, wie es das ursprüngliche Bauernhofgelände vorgibt. In Wangen im Allgäu ist der Bau des dreistöckigen Rupert-Neß-Gymnasiums prämiert worden. Alle sichtbaren Holzteile sind aus einheimischer Weißtanne gefertigt und Resthölzer finden hier eine energetische Nutzung. Im Jahr 2013 erhielt die Schule bereits den Deutschen Holzbaupreis.

Ein weiteres Beispiel für nachhaltiges Bauen in Baden-Württemberg ist etwa das Passivhaus „Forum Holzbau“ in Ostfildern, dessen Seminarräume aus Weißtanne den Besuchern eine wohlig-duftige Atmosphäre liefern. Ebenso ansprechend ist das Kleinkindhaus in Heilbronn, das als Waldorf-Einrichtung Platz für rund 30 Kinder unter vier Jahren bietet. Ein besonderes Schmuckstück ist der für die Landesgartenschau 2014 gefertigte Forstpavillon in Schwäbisch Gmünd, dessen Außenverkleidung den Platten des Seeigel-Skeletts bionisch nachempfunden ist. Holz ist demnach ein Rohstoff der Vergangenheit, der Gegenwart und insbesondere der Zukunft.

Seiten-Adresse: https://www.biooekonomie-bw.de/fachbeitrag/aktuell/nachhaltiges-bauen-gemeinden-auf-dem-holzweg