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Unternehmensporträt

NovoCarbo verarbeitet Pflanzenabfälle zu Pflanzenkohle

Pflanzenkohle aus pflanzlichen Reststoffen wie Holzhackschnitzeln, Nussschalen oder Mist stellt die NovoCarbo GmbH her. Je nach Ausgangsmaterial und Verarbeitung entstehen dabei Pflanzenkohlen mit unterschiedlichen Eigenschaften, die als Bodenverbesserer, Stalleinstreu oder in Biogasanlagen eingesetzt werden können. Ob sie sich auch als Trägerstoff für "Impfmittel" im Linsenanbau eignen, wird derzeit im Projekt „Rhizo-Linse“ untersucht.

Schematische Darstellung des PYREG-Verfahrens
Schematische Darstellung des PYREG-Verfahrens: Die pflanzlichen Reststoffe werden vom Vorlagebehälter in den PYREG-Reaktor transportiert. Dort werden sie bei 500 bis 700 Grad Celsius verkohlt. Die entstehenden Prozessgase werden gefiltert und im FLOX-Brenner schadstoffarm verbrannt. Mit der dabei entstehenden thermischen Energie wird der PYREG-Reaktor beheizt, der produzierte Überschuss wird anderweitig genutzt oder in Strom umgewandelt. © PYREG GmbH

Pflanzenkohle wird aus pflanzlichen Reststoffen hergestellt wie sie in der Landwirtschaft, im Garten- und Weinbau oder in Kommunen anfallen. „Wir verarbeiten pro Jahr 3.000 Tonnen pflanzliche Biomasse zu 700 Tonnen Pflanzenkohle“, sagt Florian Lage, Marketing- und Sales-Manager bei NovoCarbo in Dörth, hundert Kilometer westlich von Frankfurt am Main. Das im Jahr 2015 gegründete Unternehmen stellt die Pflanzenkohle im PYREG-Verfahren her. Dabei werden die chemischen Verbindungen im Pflanzenmaterial bei 500 bis 700 Grad Celsius gespalten. Da der Prozess weitgehend unter Luftabschluss stattfindet, verbrennt das Material nicht, sondern verkohlt. Es entstehen Gase, die schadstoffarm verbrannt werden und stabile, ringförmige Kohlenstoffverbindungen - die Pflanzenkohle. Abgesehen von etwas externer Startenergie deckt der Prozess seinen Bedarf an thermischer Energie selbst und produziert sogar einen Überschuss, der von Nachbarunternehmen genutzt oder in Strom umgewandelt wird. 

Dabei ist Pflanzenkohle nicht gleich Pflanzenkohle. Je nach Ausgangsmaterial und Prozessparametern entstehen Varianten mit verschiedenen Eigenschaften, die sich für unterschiedliche Anwendungen eignen. Sie unterscheiden sich etwa im Gehalt an Kohlenstoff, in Größe und Struktur der inneren Oberfläche oder im pH-Wert. Die Pflanzenkohle von NovoCarbo trägt das European Biochar Certificate (EBC). Das freiwillige Zertifikat garantiert, dass das Produkt nachhaltig hergestellt wurde und einem der jeweiligen Anwendung entsprechenden Qualitätsstandard entspricht. Dabei müssen Kriterien zu verwendeter Biomasse, Produktionstechnik, den Eigenschaften der Pflanzenkohle sowie der Anwendung und Kennzeichnung erfüllt werden.

Pflanzenkohle verbessert Böden

Ein kleiner Haufen schwarzer, feinstrukturierter Pflanzenkohle.
Pflanzenkohle als Bodenverbesserer hergestellt aus Siebresten, die bei der Holzhackschnitzelproduktion anfallen. © NovoCarbo GmbH

„90 Prozent unserer Pflanzenkohle geht in den Agrarbereich und in den Garten- und Landschaftsbau“, sagt Lage, „der größte Teil davon wird als Bodenverbesserer eingesetzt.“ Dazu wird die Pflanzenkohle mit Nährstoffen „beladen“. Dies ist durch ihre chemische Struktur möglich. Sie ist porös und hat eine große innere Oberfläche von 300 bis 400 Quadratmetern pro Gramm, sodass sie viel Wasser speichern kann. Die Nährstoffe binden an sogenannte funktionelle Gruppen am Rand der Kohle, die entstehen, wenn die Kohle mit Sauerstoff aus der Luft reagiert. Zudem sind im Ascheanteil geringe Mengen an Nährstoffen enthalten. In den Boden eingearbeitet, stehen Nährstoffe und Wasser Pflanzen und Mikroorganismen zur Verfügung. „Landwirte kaufen meist „leere“ Pflanzenkohlen, da sie selbst Nährstoffe haben“, erklärt Lage. Auf Wunsch wird die Kohle aber auch „beladen“, dies wird beispielsweise von Gartenbaubetrieben nachgefragt.

Drei PYREG-Anlagen.
NovoCarbo betreibt drei PYREG-Anlagen. © NovoCarbo GmbH

Zahlreiche Studien zeigen die positive Wirkung von Pflanzenkohle als Bodenverbesserer: Sie fördert das Pflanzenwachstum, erhöht die mikrobielle Biomasse, bindet Nährstoffe, reduziert klimaschädliche Lachgas-Emissionen und hält Wasser im Boden. Zudem wird Kohlenstoff im Boden gespeichert, was langfristig den Humusgehalt steigert. „In einer Tonne Pflanzenkohle sind 3,5 Tonnen Kohlendioxid gespeichert – das ist aktiver Klimaschutz“, sagt der Manager stolz. Denn Pflanzenkohle besteht aus sehr stabilen Kohlenstoffverbindungen, die nur langsam abgebaut werden. Der Kohlenstoff wird also langfristig gespeichert und nicht wie beim Verbrennen oder Kompostieren als Kohlendioxid in die Atmosphäre freigesetzt. Wie lange Pflanzenkohle im Boden erhalten bleibt, hängt vom Ausgangsmaterial, der Pyrolysetemperatur, dem Klima und der Bodennutzung ab und kann hundert bis einige tausend Jahre betragen. Am Amazonas gibt es von Menschen gemachte nährstoffreiche Böden, die auf Pflanzenkohle basieren und durch die Verrottung organischer Abfälle mit Holzkohle entstanden sind. Manche dieser Böden sind über 7.000 Jahre alt.

Neben dem Bodenverbesserer produziert die NovoCarbo noch weitere Pflanzenkohlearten: Als Futterzusatz reguliert sie die Verdauung und steigert die Futtereffizienz. Als Einstreu in Ställen verbessert sie Stallklima und Stallhygiene, da sie Feuchtigkeit und Nährstoffe aufnimmt und Ammoniak- und Methanemission reduziert, sodass weniger Gerüche entstehen und sich weniger Krankheitserreger entwickeln. Die so mit Nährstoffen „beladene“ und mit Mikroorganismen besiedelte Pflanzenkohle kann direkt als Bodenverbesserer auf die Felder ausgebracht werden. In Biogasanlagen ist Pflanzenkohle Lebensraum für Bakterien, sodass Gärungsprozesse stabilisiert und die Leistung gesteigert werden können. Das Unternehmen arbeitet zudem an verschiedenen Forschungsprojekten mit, da zahlreiche weitere Einsatzmöglichkeiten denkbar sind, etwa in Baumaterialien, Kunststoffen, Textilien oder zur Reinigung kontaminierter Böden.

Mit Pflanzenkohle "Impfmittel" ausbringen

So ist NovoCarbo auch am Projekt „Rhizo-Linse“ beteiligt, mit dem der Linsenanbau in Deutschland gefördert werden soll. Mit daran arbeiten die nadicom GmbH in Karlsruhe, die Universität Hohenheim, das Landwirtschaftliche Technologiezentrum (LTZ) Augustenberg und die BIOPRO Baden-Württemberg GmbH. Denn in den letzten Jahrzenten wurden immer weniger Linsen und andere Eiweißpflanzen angebaut, und inzwischen legen viele Verbraucher wieder mehr Wert auf regionale, nachhaltig produzierte Nahrungsmittel.

Das Projekt „Rhizo-Linse“ hat zwei Ziele: Zum einen sollen für das Anbausystem neue Wertschöpfungsketten im Sinne der Bioökonomie identifiziert werden, denn die rankenden Linsenpflanzen werden zusammen mit einer Stützfrucht angebaut, damit sie aufrecht wachsen. Dadurch wird das Risiko für Pilzkrankheiten gesenkt und die Ernte erleichtert. Zum anderen soll ein "Impfstoff" für Linsen entwickelt werden. Denn die Leguminosen gehen eine Symbiose mit bestimmten, im Boden lebenden Bakterien ein, den Rhizobien. Diese binden Luftstickstoff und wandeln ihn in Stickstoffverbindungen um, die die Pflanze verwerten kann. Das "Impfmittel" enthält Rhizobienstämme, die besonders effektiv Stickstoff fixieren und wird bei der Aussaat so mit ausgebracht, dass jeder Samen Kontakt zu einem Bakterium hat. Da der Pflanze mehr Stickstoff zur Verfügung steht, sind die Erträge höher und eine zusätzliche Stickstoffdüngung ist nicht nötig.

An dieser Stelle kommt NovoCarbo ins Spiel, denn das "Impfmittel" soll mit Hilfe von Pflanzenkohle ausgebracht werden. „Wir beschäftigen uns mit der Fragestellung, welches Ausgangsmaterial sich am besten für eine Pflanzenkohle eignet, die einerseits das "Impfmittel" effektiv aufnehmen und andererseits bei der Aussaat gut verarbeitet werden kann“, sagt Lage. Ein Vorteil könnte sein, dass die Bakterien auf der Pflanzenkohle länger überleben. Auch das werden die Forscher untersuchen. „Wir fanden das Projekt gleich spannend“, antwortet Lage auf die Frage nach seiner Motivation, „vielleicht kann der Linsenanbau so wieder etabliert werden.“ Das Projekt „Rhizo-Linse“ wurde im März 2019 gestartet und läuft noch bis Anfang 2022. Gefördert wird es vom Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) und vom Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg mit einer Summe von 655.500 Euro im Rahmen der Europäischen Innovationspartnerschaft „Landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit“ (EIP-AGRI).

Das Projekt wird von März 2019 bis Anfang 2022 im Rahmen der Europäischen Innovationspartnerschaft „Landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit“ (EIP-AGRI) mit einer Summe von 655.500 € vom Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) und vom Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg gefördert.

Literatur:

Glaser, Bruno (2018) Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg: Pflanzenkohle – Stand der Forschung. Vortrag auf Tagung CarboTip: www.geo.fu-berlin.de/geog/fachrichtungen/physgeog/geooekologie/medien/download/Vortraege_Workshop_CarboTIP_2018/7_Stand_Pflanzenkohleforschung_GLASER.pdf

Richtlinien des Europäischen Pflanzenkohle-Zertifikats - Version 8.4 (vom 12. Februar 2020) www.european-biochar.org

Umweltbundesamt (2016): Chancen und Risiken des Einsatzes von Biokohle und anderer „veränderter“ Biomasse als Bodenhilfsstoffe oder für die C-Sequestrierung in Böden.

Seiten-Adresse: https://www.biooekonomie-bw.de/fachbeitrag/aktuell/novocarbo-verarbeitet-pflanzenabfaelle-zu-pflanzenkohle