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PULaCell: Den Holzbau beflügeln mit biobasiertem Polyurethan

Ziel des dreijährigen Verbundprojekts “PULaCell“, welches vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gefördert wird, ist die Entwicklung einer biobasierten Verstärkungslamelle für Holzkonstruktionen. Forschungsinstitute und Industriebetriebe entwickeln im Rahmen des Projektes biobasierte, mit Cellulosefasern verstärkte Kunststofflamellen, die in Zukunft stabilere Holzwerkstoffe ermöglichen sollen.

Noch dominieren Beton, Stahl und Mörtel das Bauwesen. Aber auch in der Bauindustrie mehren sich die Anstrengungen hin zu einer Kreislaufwirtschaft mit wiederverwertbaren und nachwachsenden Rohstoffen. Der nachwachsende Rohstoff Holz steht da an allererster Stelle. Im Wiener Seeparkquartier etwa entsteht gerade ein 24-stöckiges und 84 Meter hohes Holzhochhaus. Das „HoHo“(1) wird das höchste Gebäude seiner Art weltweit. Und auch in Hamburg darf nach einer Änderung der Bauverordnung (2) künftig immerhin bis zu einer Höhe von 22 Metern oder sieben Stockwerken mit Holz gebaut werden.

„Der moderne Holzkonstruktionsbau ist auf dem Vormarsch und wir wollen Architekten und Planern einen Werkstoff zur Verfügung stellen, der höhere Traglasten und ein schlankeres Design von Holzkonstruktionen ermöglicht“, umreißt Dr. Paul Heinz von der Covestro Deutschland AG in Leverkusen das Projektziel. Heinz koordiniert „PULaCell“ ein dreijähriges Verbundprojekt, das sich die Entwicklung einer biobasierten Verstärkungslamelle für Holzkonstruktionen zum Ziel gesetzt hat. Mit im Team sind die Deutschen Institute für Textil- und Faserforschung (DITF) in Denkendorf bei Stuttgart, das Institut für Kunststofftechnik (IKT) an der Universität Stuttgart und das Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie (ICT) in Pfinztal bei Karlsruhe sowie weitere Industriepartner.

Holz wird noch stabiler

Schematischer Aufbau einer Verstärkungslamelle mit Faserbündeln (sogenannten „Rovings“) © Fraunhofer ICT / H. Engelen

Die Idee den natürlichen Baustoff „Holz“ mit faserverstärkten Kunststoffen belastbarer zu machen, ist noch relativ neu. Beispiele für solch einen Verbund sind glas- oder carbonfaserverstärkte Balken aus Brettschichtholz, die deutlich höheren Belastungen standhalten als herkömmliche Balken. Das von Paul Heinz koordinierte Projekt geht jedoch noch einen Schritt weiter. „Wir wollen innerhalb von drei Jahren ein wirtschaftliches Herstellungsverfahren für Lamellen aus biobasiertem faserverstärktem Kunststoff entwickeln, die statt der bislang üblichen erdölbasierten Faserverstärkungen zum Einsatz kommen können“, erläutert Heinz. Die innovativen Polyurethan-Lamellen sollen zu über 90 Prozent biobasiert sein und ohne den Zusatz von Additiven einen sehr guten Flamm- und Bewitterungsschutz gewährleisten.

Durch Verleimen der Verstärkungslamellen mit mehreren Lagen von Schichthölzern, wie z.B. der Baubuche, können damit faserverstärkte Balken hergestellt werden. Diese verstärkten Schichtholzbalken sollen als leichtes, aber gleichzeitig äußerst festes und steifes Konstruktionsmaterial zum Einsatz kommen. Buchenholz verfügt laut Heinz „über die besten mechanischen Eigenschaften aller heimischen Laubhölzer und ist dadurch für den Einsatz als Konstruktionsmaterial ideal.“ Buchenholz in Wert zu setzen ist auch ein Anliegen der Forstwirtschaft, denn das wertvolle heimische Holz wandert bislang noch viel zu oft als Brennholz auf direktem Weg in die Heizöfen(3).

Buchenholz als Konstruktionsmaterial

Glasfaserbündel im ersten Moment der Pultrusion zeigen die nur Bruchteile von Millimetern dünnen Einzelfasern. Im PULaCell-Projekt sollen aus neuartigen Fasern und biobasierten Polyurethanen durch Pultrusion Verstärkungslamellen hergestellt werden. © Covestro

In Deutschland werden jährlich ca. 35 Millionen Kubikmeter Bauholz und neun Millionen Kubikmeter Holzwerkstoffe (z.B. Brettschichtholz und Brettsperrholz) verarbeitet. Beim Bauholz liegt der Anteil der Nadelhölzer bei 96 % und bei Holzwerkstoffen bei 81 %. Zumeist handelt es sich dabei um das Holz von Fichte und Kiefer. Die Buche hat also einen großen Aufholbedarf. (4)

Die Lamellen werden mithilfe einer bewährten Technik hergestellt. Das sogenannte Pultrusions- oder Strangziehverfahren ist ein automatisiertes Verfahren, mit dem sich faserverstärkte Kunststoffprofile kosteneffizient herstellen lassen. Dabei laufen die Fasern kontinuierlich über eine lange Arbeitsfläche, werden unter Druck mit Kunstharz durchtränkt, erhitzt und schließlich in Form gezogen.

Verschieden eingefärbte pultrudierte Lamellen. © Covestro

Die neuartigen Faserbündel werden im Rahmen des Projektes von den Deutschen Instituten für Textil- und Faserforschung in Denkendorf entwickelt. Während im herkömmlichen Pultrusionsprozess heute hauptsächlich Glas- und Carbonfasern eingesetzt werden, experimentieren die Denkendorfer Forscher um Dr. Frank Hermanutz mit verschiedenen biobasierten Fasern, z.B. aus Regenerat-Cellulose. Dazu wird Fichten- oder Buchenholz chemisch aufgeschlossen und die gewonnene Cellulose zu hauchdünnen (Bruchteile von Millimetern) Fasern versponnen. „Wir sind noch am Experimentieren“, erläutert Hermanutz, „welche Faser wir letztendlich verwenden, wird sich erst im Verlauf des Projektes herauskristallisieren.“ Als Faseralternativen werden auch Naturfasern wie etwa Hanf untersucht. Die Covestro Deutschland AG ist dann für die Optimierung der biobasierten Polymermatrix zuständig, in welche die Fasern eingebettet werden.

Das Institut für Kunststofftechnik der Universität Stuttgart und das Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie (ICT) im badischen Pfinztal arbeiten an der Optimierung verschiedener Aspekte des Pultrusionsverfahrens. Alle diese Projektentwicklungen soll die Sortimo International GmbH im bayerischen Zusmarshausen bis 2020 in eine Pilotanlage überführen und ein erstes Lamellen-Modell herstellen.

Stoffkreisläufe werden untersucht

Die stoffliche Rezyklierbarkeit des neuen Verbundmaterials werden die Forscher des Fraunhofer ICT untersuchen. So ist geplant, das Material mit Glykolen zu erhitzen, um einzelne Komponenten wieder zurückzugewinnen. In einer detaillierten Lebenszyklusanalyse (LCA) werden außerdem verschiedene Recycling-Konzepte zur stofflichen und energetischen Verwertung sowie der CO2-Fußabdruck des Gesamtprozesses betrachtet.

Das Vorhaben wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) über den Projektträger Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) gefördert.

Quellen:

(1) http://www.hoho-wien.at/

(2) http://www.hamburg.de/bsw/presse/8947022/2017-06-13-bsw-neu-bauordnung/

(3) https://www.biooekonomie-bw.de/de/fachbeitrag/aktuell/biooekonomie-bietet-chancen-fuer-baden-wuerttembergs-waelder/

(4) DHWR Roadmap Holzwirtschaft 2025 (www.dhwr.de/docs/dhwr_roadmap_holzwirtschaft_2025_web.pdf)

Seiten-Adresse: https://www.biooekonomie-bw.de/fachbeitrag/aktuell/pulacell-den-holzbau-befluegeln-mit-biobasiertem-polyurethan