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Umweltschutz durch Grüne Ökonomie

In einer vom BMBF und BMU gemeinsam durchgeführten großen Konferenz sollte aufgezeigt werden, wie durch nachhaltige Bioökonomie eine umweltverträgliche Zukunft geschaffen werden kann. Man ist sich einig, dass dringend gehandelt werden muss. Forschungsprogramme sollen die Möglichkeiten, Risiken und die Rahmenbedingungen für den Aufbau einer Green Economy erkunden und Handlungsempfehlungen geben, wie den Herausforderungen durch Klimawandel, Energie- und Ressourcenknappheit begegnet werden kann.

Jeremy Rifkin, Hauptredner der Konferenz „Green Economy“ © Foundation on Economic

Der Schutz der Umwelt und der Einsatz von Umwelttechnologien waren allgegenwärtige Themen auf der großen Konferenz „Green Economy – Ein neues Wirtschaftswunder?“, zu der Bundesforschungsministerin Annette Schavan und Bundesumweltminister Peter Altmaier gemeinsam Anfang September 2012 Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik, Verbänden und Gesellschaft eingeladen hatten. Die Konferenz in Berlin sollte nach dem Willen der Gastgeber der erste Schritt auf dem Weg zu einem neuen Forschungsprogramm „Green Economy“ sein. „Wir wollen der Gesellschaft eine Gebrauchsanweisung für praktisches Handeln an die Hand geben, um den Herausforderungen durch Klimawandel, Energie- und Ressourcenknappheit wirksam zu begegnen, denn die Art und Weise, wie wir leben und wirtschaften, hat einen enormen Effekt auf unsere Umwelt“, sagte Schavan. Ziel der „Green Economy“ sei es, die Art des Wirtschaftens in Zukunft ressourceneffizienter und umweltverträglicher zu machen.

Vom geopolitischen Bewusstsein zum Biosphären-Bewusstsein

Diesem Ziel waren alle Konferenzpartner verpflichtet, wenn man die Referenten und Diskussionsteilnehmer mit ihren Beiträgen beim Wort nahm: die Industrie- und Wirtschaftsverbände, die Gewerkschaften und natürlich die Nicht-Regierungsorganisationen wie Germanwatch und der Deutsche Naturschutzring (siehe www.fona.de/green-economy). Man war sich einig, dass gehandelt werden muss, um katastrophale Folgen des Klimawandels zu vermeiden, und zwar sofort, wie Professor Dr. Ottmar Edenhofer, Leiter der IPCC- Arbeitsgruppe „Vermeidung des Klimawandels“ in seiner Key Note Lecture forderte. Edenhofer war federführender Autor des Sonderberichts des Weltklimarates („Intergovernmental Panel on Climate Change“, IPCC) der Vereinten Nationen. Er stellte fest, dass „erneuerbare Energien schon 2050 rund drei Viertel der weltweiten Energieversorgung liefern können, doch der Bericht zeigt nur auf, dass dieser Weg gangbar ist.“

Ob er auch beschritten wird, hängt von der Politik ab, und natürlich nicht der deutschen Politik allein, sondern von weltweiten Entscheidungen. Aber Deutschland könnte und sollte den Weg weisen, wie der Star-Redner der Konferenz, der US-amerikanische Ökonom Jeremy Rifkin in seinem Vortrag „The Foundation on Economic Trends“ hervorhob: „Was Deutschland benötigt, ist etwas ganz Grundlegendes – einen Wandel von einem geopolitischen Bewusstsein hin zu einem Bewusstsein der Biosphäre. Es ist Deutschlands und Europas Mission, uns in diese neue Welt hineinzuführen… die Leitlinien zu schaffen und diese Modelle als Leuchtturmprojekte für die ganze Welt einzusetzen“ (Übersetzung: EJ).

In den Foren und Workshops der Konferenz “Green Economy” ging es um das große Ganze; bei den Details verwies man auf Forschungsprogramme und Initiativen, die bereits angestoßen worden sind. So hatte die Bundesregierung 2011 ihr neues großes Forschungsrahmenprogramm „BioÖkonomie 2030“ aufgelegt, und gleichzeitig verstärkt die Helmholtz-Gemeinschaft die Forschung im Bereich ihres neuen Portfolio-Themas „Nachhaltige Bioökonomie“ und fördert die Vernetzung von Projekten aus Helmholtz-Zentren, Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen auf diesem Gebiet, wie Professor Dr. Jürgen Mlynek, Präsident der Helmholtz-Gemeinschaft, erklärte. Darunter sind Akteure aus Baden-Württemberg vom Karlsruher Institut für Technologie, von der Universität Stuttgart und vom Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB. Der größte Teil der Portfolio-Finanzierung fließt gegenwärtig entsprechend den Empfehlungen des Bioökomierates vom Herbst 2010 in Vernetzungsprojekte, da die Forschung zur Bioökonomie in Deutschland noch stark fragmentiert sei. In Zukunft werden aber Vorhaben zur Lösung der Ernährungs-, Rohstoff- und Umweltprobleme zentrale Bedeutung gewinnen. Es sei klar, dass es ohne Biotechnologie keinen nachhaltigen Umweltschutz geben könne.

Neue Katalysatoren für die CO2-Reduktion

Prof. Dr. Hans Diefenbacher, Universität Heidelberg, Alfred-Weber-Institut © BMBF/FONA

Von Seiten der Industrievertreter wurde auf der Konferenz „Green Economy“ betont, dass die industrielle Biotechnologie entscheidend dazu beitragen kann, dass eine „grüne Wirtschaft" des 21. Jahrhunderts, die den Namen verdient, entstehen kann. Bioraffinerien seien schon jetzt in der Lage, alle Arten biologischer Abfälle für wertvolle Rohstoffe zu verwerten, beispielsweise für die Biogas-Gewinnung aus Lignozellulose in den Abfällen der Land- und Forstwirtschaft oder aus Hausmüll. An Katalysatoren, mit denen diese Verwertung sich auch wirtschaftlich im großen Maßstab rechnet, wird intensiv gearbeitet.

Dr. Markus Müller-Neumann (Science Relations and Innovation Management, BASF SE) wies auf das „Catalysis Research Laboratory“ (CaRLa) im Technologiepark Heidelberg hin, in dem von der BASF gemeinsam mit der Universität Heidelberg an neuartigen Rohstoffen und neuen Katalysatoren mit industriellem Potenzial geforscht wird. Das Einsparpotenzial für Kohlendioxid mit Hilfe von Bioraffinerien in geschlossenen Verwertungssystemen sei enorm. Nach einer Studie der dänischen Sektion der Umweltorganisation WWF („World Wide Fund for Nature“) aus dem Jahre 2009 könnte die Industrie kurzfristig etwa 200 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr einsparen. Bis zum Jahr 2030 könnte es sogar weit über eine Milliarde Tonnen jährlich sein.

Die meisten Experten stehen der Idee aber skeptisch oder ablehnend gegenüber, dass industrielle Innovationen genügen, um die globale Erwärmung in diesem Jahrhundert auf maximal 2 °C zu begrenzen. Das Umweltproblem des anthropogenen CO2-Anstiegs ist mit dem Energieproblem, und dieses mit dem Ernährungsproblem für mindestens 9 Milliarden Menschen bis zum Jahr 2050 verschränkt. Für ökologisch und sozial-ethisch orientierte Wissenschaftler wie Professor Dr. Hans Diefenbacher vom Alfred-Weber-Institut für Wirtschaftswissenschaften der Universität Heidelberg steht fest, dass wir Wohlstand und Gerechtigkeit in der Welt der nahen Zukunft nur durch einen massiv reduzierten Ressourceneinsatz – im globalen Maßstab - haben können. Das bedeutet einen tiefgreifenden Bruch mit den traditionellen Denkweisen in ökonomischen und ökologischen, aber auch philosophischen und staatlichen Kategorien – eine Revolution ganz anderer Art als die von Jeremy Rifkin propagierte „Dritte Industrielle Revolution“.

Kann Climate Engineering die Umweltprobleme lösen?

Schema über verschiedene gegenwärtig diskutierte Climate Engineering Maßnahmen. © Kiel Earth Institute
Dass man das Ziel einer 2 °C-Erwärmung des Weltklimas überhaupt noch durch verringerten CO2-Ausstoß erreichen kann, wird inzwischen von vielen bezweifelt. In verstärktem Maße werden stattdessen großtechnische Lösungen, die man als „Climate Engineering“ bezeichnet, vorgeschlagen, mit denen man die CO2-Konzentration absenken oder die Sonneneinstrahlung vermindern will. Eine der möglichen Optionen ist ein biotechnologisches Umweltexperiment im Weltmaßstab – künstliche Düngung der Ozeane, um ein vermehrtes Algenwachstum zu induzieren. Darüber haben wir schon berichtet (siehe BIOPRO-Artikel vom 04.04.2011: Klimarettung durch Geo-Engineering mit Algen). Man kann solche Versuche und Denkanstöße als weiteren Beweis menschlicher Hybris ansehen und befürchten, dass hier der Teufel mit dem Beelzebub ausgetrieben werden soll. Der Umweltökonom Professor Dr. Timo Goeschl vom Alfred-Weber-Institut in Heidelberg ist aber überzeugt, dass Climate Engineering in den nächsten 25 Jahren ein Schlüsselthema internationaler Klimapolitik sein wird. Hinsichtlich der Risiken dieser Technologien und ihrer gesellschaftlichen und politischen Dimensionen gibt es aber nur unzureichende Informationen. Um eine wissenschaftlich belastbare Grundlage zu schaffen, hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) ein neues Schwerpunktprogramm „Climate Engineering: Risks, Challenges, Opportunities“ aufgelegt, in dem die sozialen, politischen, rechtlichen und ethischen Aspekte zusammen mit den naturwissenschaftlich-technischen Möglichkeiten erforscht werden sollen. Maßgeblich beteiligt sind an dem DFG-Programm vier Heidelberger Wissenschaftler, darunter Goeschl, die schon seit mehreren Jahren in dem am Marsilius-Kolleg der Universität Heidelberg angesiedelten interdisziplinären Projekt „The Global Governance of Climate Engineering“ zusammen gearbeitet haben. Die vorläufigen Ergebnisse dieses jetzt beendeten Marsilius-Projektes, das im Rahmen der Heidelberger Exzellenzinitiative „Global Change and Globalization“ eingerichtet worden war, fließen in die neue DFG-Initiative ein.
Seiten-Adresse: https://www.biooekonomie-bw.de/fachbeitrag/aktuell/umweltschutz-durch-gruene-konomie