Energiebericht 2010
Der baden-württembergische Wirtschaftsminister Ernst Pfister und die Präsidentin des Statistischen Landesamtes, Dr. Carmina Brenner, stellten den Energiebericht 2010 vor. Dabei zeigte sich Ernst Pfister besorgt über die zunehmende Importabhängigkeit des Landes beim Strombedarf. Er betonte, dass der Energiemix der Zukunft zugleich sicher, umweltverträglich und bezahlbar bleiben muss. Der Anteil erneuerbarer Energieträger am Primärenergieverbrauch ist leicht gestiegen, wobei hier Biomasse den größten Anteil stellt.
© Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg
„Die immer stärkere Tendenz zur Deckung des Strombedarfs Baden-Württembergs aus Kraftwerken außerhalb des Landes beunruhigt mich zunehmend sowohl aus standort- als auch aus energiepolitischer Sicht“, sagte Wirtschaftsminister Pfister bei der gemeinsamen Vorstellung des Berichts mit der Präsidentin des Statistischen Landesamtes, Dr. Carmina Brenner. Pfister: „Da parallel zum Rückgang der Stromerzeugung um insgesamt rund fünf Milliarden MWh der Stromverbrauch lediglich um rund zwei Milliarden MWh zurückgegangen ist, stieg der Importsaldo im Jahr 2008 um über 30 Prozent an. Das bedeutet aber, dass im Jahr 2008 rund 17,4 Prozent des Stromverbrauchs des Landes von außerhalb gedeckt worden ist.“ Der überwiegende Anteil dieses importierten Stroms sei dabei aus anderen Bundesländern gekommen.
Der wachsende Stromimportsaldo, so der Wirtschaftsminister, verlagere zum einen Wertschöpfung in andere Bundesländer oder ins Ausland. Zum anderen erschwere die lastferne Stromproduktion zunehmend die sichere Netzführung im Land und könne zu einer Gefährdung der Versorgungssicherheit führen. Auch deshalb sei eine möglichst schnelle Lösung der Fragen im Zusammenhang mit einer angemessenen Verlängerung der Laufzeit der Kernkraftwerke gerade für Baden-Württemberg dringend notwendig. So hätten im Jahr 2008 nach den vorliegenden Zahlen die Kernkraftwerke im Land nahezu 50 Prozent des Stroms in Baden-Württemberg produziert.
Pfister warnt vor höherer Energiesteuerlast für Mittelständler
Ausdrücklich warnte Pfister zudem vor einer höheren Energiesteuerlast für mittelständische Unternehmen: “Die Politik muss bei ihren energiepolitischen Entscheidungen neben den beiden Aspekten der Sicherheit und Umweltverträglichkeit auch die Bezahlbarkeit für Bürger und Unternehmen berücksichtigen.“
Der Minister verwies darauf, dass trotz der sich mehrenden Hoffnungsstreifen am Konjunkturhimmel zahlreiche mittelständische Unternehmen noch mit den Folgen der Wirtschaftskrise zu kämpfen hätten. „Vor diesem Hintergrund wäre jeder Versuch, das produzierende Gewerbe mit höheren Energiesteuern zu überziehen, ein Angriff auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Mittelstands, der mittelfristig nicht zu mehr, sondern zu weniger Steuereinnahmen führen würde“, so Pfister.
Aber auch die Unternehmen selbst und die Bürger könnten ihren Beitrag zur Senkung ihrer Energiekosten leisten: „Den zentralen Ansatzpunkt zur Verbesserung der Energieproduktivität oder anders herum ausgedrückt zur rationellen Energieverwendung sehe ich in der der sparsamen Energieverwendung. Der wichtigste Ansatz, um zu spürbaren Einsparungen zu kommen, liegt dabei im Gebäudebereich. Dies betrifft sowohl den Neubau als auch bestehende Gebäude, wenn bei diesen energetische Modernisierungsmaßnahmen vorgesehen sind. Ein ganzheitliches Energiekonzept, das neben dem selbstverständlichen Bemühen um Energieeffizienz auch die Nutzung erneuerbarer Energien beinhaltet, ist unverzichtbar. Gebäude, die heute errichtet werden, sollten auch noch in 20 Jahren energietechnisch auf der Höhe der Zeit sein. Objekte mit ungünstigen energetischen Kennwerten werden künftig nur noch schwer verkäuflich sein.“
Als weiteren Baustein zur Senkung der Energiekosten empfahl Pfister, den eigenen Versorgervertrag genau unter die Lupe zu nehmen. „Ich kann allen Energieverbrauchern nur empfehlen, ihre Versorgungsverträge genau zu prüfen und gegebenenfalls den Versorger oder auch den Tarif zu wechseln – es lohnt sich“, rät der Wirtschaftsminister. Die aktuelle Entwicklung des Strom- und Gasmarktes werde im Herbst des Jahres wieder das Leipziger Institut für Energie GmbH im Auftrag des Wirtschaftsministeriums in einem Kurzbericht untersuchen.
Anteil erneuerbarer Energieträger leicht gestiegen - Biomasse stellt den Löwenanteil
Die Präsidentin des Statistischen Landesamtes, Dr. Carmina Brenner verwies darauf, dass nach vorläufigen Zahlen bereits im Jahr 2008 der Anteil der erneuerbaren Energieträger am Primärenergieverbrauch leicht auf 8,76 Prozent gestiegen sei. Dabei stelle die Biomasse einschließlich des biogenen Anteils der Energiegewinnung aus Abfall den Löwenanteil mit 6,81 Prozent des Primärenergieverbrauchs. Diese sei mit einem Beitrag von 77,8 Prozent die dominierende erneuerbare Energieform. Auch die Stromerzeugung aus Biomasse, insbesondere aus Biogas, habe weiter ausgebaut werden können. Insgesamt werden 31,5 Prozent der erneuerbaren Stromerzeugung aus Biomasse produziert. Pfister verwies darauf, dass sich das Wirtschaftsministerium verstärkt für die Nutzung von Rest- und Abfallstoffen sowie im Bereich der Energieeffizienz engagiert. „Neben dem bereits bestehenden Förderprogramm Bioenergiewettbewerb, in dem unter anderem die Mobilisierung von bisher nicht genutzter Biomasse unterstützt wird, fördert das Wirtschaftsministerium seit Ende 2009 auch den Ausbau von Bioenergiedörfern. Damit kann insbesondere die bisher unzureichende Wärmenutzung von Biogasanlagen verbessert werden.“
Eine nach wie vor verlässliche Stütze der erneuerbaren Energieträger im Land war nach Brenners Worten auch im Jahr 2008 die Wasserkraft. Auch der Anteil von Wind- und Solarenergie am Primärenergieverbrauch hat sich fortlaufend erhöht und lag 2008 bei rund 0,5 Prozent.
Parallel hierzu erhöhte sich auch der Anteil der erneuerbaren Energieträger an der Bruttostromerzeugung auf rund 14 Prozent im Jahr 2008. Hieraus, so mahnte Pfister, lasse sich jedoch keinesfalls ableiten, dass die Landesziele von mindestens 20 Prozent Anteil der erneuerbaren Energien an der Bruttostromerzeugung im Jahr 2020 zu tief gesteckt oder locker erreichbar seien. Pfister: „Die absolute Strommenge aus erneuerbaren Energien ist von rund 9,54 Milliarden MWh im Jahr 2007 auf rund 9,46 Milliarden MWh im Jahr 2008 sogar leicht gefallen.“ Dies, so der Wirtschaftsminister weiter, sei vor allem auch auf den Rückgang der Stromerzeugung aus Wasserkraft um rund elf Prozent zurückzuführen. Der Anteil der Erneuerbaren an der Gesamtbruttostromerzeugung habe sich dennoch erhöht, da diese in 2008 einen Rückgang um insgesamt rund fünf Milliarden MWh landesweit zu verzeichnen habe.
Bis zur Erreichung des im Energiekonzept 2020 vorgesehenen Beitrags der erneuerbaren Energien sei es daher noch ein weiter und anstrengender Weg. „Unsere Ziele beim Ausbau der erneuerbaren Energien können wir nur erreichen, wenn die Potenziale aller regenerativen Energien einschließlich der Windkraft genutzt werden und bei der Umsetzung unserer Pläne Regionen, Kommunen, Privathaushalte und Unternehmen landesweit mitziehen.“
Pfister und Brenner sehen den Energiebericht, der künftig in enger Kooperation zwischen Wirtschaftsministerium und Statistischem Landesamt zweimal pro Legislaturperiode herausgegeben wird, als eine Serviceleistung für Wirtschaft, Politik und Bürger des Landes. Nachdem der Energiebericht ursprünglich als reiner Rechenschaftsbericht über die Energiepolitik der Landesregierung herausgegeben worden ist, wurde er im Laufe der Jahre zu einem wichtigen Nachschlagewerk für Energiedaten des Landes. Besonderen Wert legen die Herausgeber dabei auf die längerfristige Betrachtung der energiepolitischen Entwicklungen. Pfister: „Der Energiebericht soll objektive Informationen liefern und dazu beitragen, die energiepolitische Diskussion zu versachlichen.“