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Schutz vor Wildschäden

Sprossenschützer aus heimischem Holz – einfach aber effektiv

Junge Forstpflanzen brauchen Schutz, damit sie nicht beschädigt werden. Deshalb sind in unseren Wäldern die bunten Kunststoffhülsen oft nicht zu übersehen. Doch sie sind nicht schön und vor allem nicht nachhaltig, denn sie verbleiben häufig an Ort und Stelle. Die Bernd Schairer UG aus Albstadt hat Sprossenschützer aus Holz entwickelt, die ohne Kunststoff, Metall oder chemische Mittel auskommen, nicht abgebaut und entsorgt werden müssen und auch noch vorbildlich sozial produziert werden.

Der Forstwirt im Wald vor einem Sprossenschützer.
Bernd Schairer hat die Sprossenschützer aus Holz entwickelt und die gleichnamige Unternehmensgesellschaft gegründet. © Bernd Schairer

Bernd Schairer ist Schreiner, Forstwirt, Forsttechniker und Gründer einer gleichnamigen Unternehmensgesellschaft in Albstadt auf der Schwäbischen Alb. Schon vor vielen Jahren kam ihm die Idee, wie man den Wald von Wuchshüllen aus Kunststoff und von Metall befreien könnte: „Als ich im Lauf meines beruflichen Werdegangs mit Kollegen damit beschäftigt war, den Wald und die verbliebenen Kulturen von den Schäden des Orkantiefs Lothar zu befreien, ist mir plötzlich bewusst geworden, was dieser Sprossenschutz – Wuchshüllen, Freiwuchsgitter oder Stachelbäume aus Kunststoff und Metall - im Wald eigentlich anrichtet. Da war ganz viel eingewachsen, sodass sich die Pflanzen überhaupt nicht richtig entfalten konnten. Das hat sich tief bei mir eingeprägt."

Zu viel Kunststoff in unseren Wäldern

Heute wie damals ist es gängige Praxis, Forstpflanzen im Wald – der immerhin mit über 11 Mio. Hektar ein Drittel der Gesamtfläche von Deutschland ausmacht – mit Kunststoffhülsen und Gittern zu schützen. Dies ist nötig, um die jungen Pflänzchen vor Verbiss- und Fegeschäden zu bewahren. Und sicher auch einer der Hauptgründe dafür, warum es sogar im Wald mittlerweile eindeutig nachweisbare Mengen von Mikroplastik gibt.

„Eigentlich überhaupt nicht nötig“, wie Schairer findet. „Denn die Kunststoffhülsen sind an sich eine gute Sache – aber nur dann, wenn sie auch zur richtigen Zeit wieder abgebaut und sachgerecht entsorgt werden.“ Dies ist aber oft nicht der Fall; und auch verständlich, wenn man bedenkt, dass vor dem Hintergrund knapper Finanzmittel für den Forst das Personal für solche Maßnahmen häufig fehlt. „Der Abbau ist eine aufwendige Sache“, erklärt der Experte. „Die Hüllen und Freiwuchsgitter sind oft eingewachsen und nur schwer zu entfernen. Den Abfall sollte man natürlich auch nicht einfach liegen lassen, sondern sachgerecht entsorgen, bzw. durch Recycling wieder in den Kreislauf zurückführen. Aber auch dies passiert oft leider nicht.“

Bei der Lebenshilfe Zollernalb werden Sprossenschützer hergestellt

Einige Sprossenschützer, die in einem kleinen Waldstück aufgestellt sind.
Die Sprossenschützer aus Holz fügen sich harmonisch in die Natur ein, müssen nicht unbedingt wieder abgebaut werden und hinterlassen aber trotzdem keine anorganischen Abfälle im Wald. © Bernd Schairer

Doch die Idee Schairers, die aus der täglichen Arbeit mit den Pflanzen entstanden war, blieb erst einmal nur Idee. So lange, bis der Forstwirt 2016 wieder einmal mit den Plastikprodukten in Kontakt kam. Im Rahmen einer Sammelbestellung des damals größten Forstbetriebs des Landes Baden-Württemberg ForstBW wurden mehrere 100.000 Kunststoffschützer ausgeliefert. „Da kommt man schon mal ins Grübeln, wenn man das alles auf einem Haufen sieht. Und mir wurde klar, dass jetzt etwas passieren muss“, berichtet Schairer. „Zudem war ich viel im Ausland unterwegs gewesen, um unter anderem Robinienstäbe für die Befestigung einzukaufen. Robinie ist das haltbarste europäische Holz. Die Wuchsgebiete liegen aber im Schnitt 1.000 km außerhalb Deutschlands. Mit solchen Projekten verschieben wir unser Problem nur ins Ausland – eine regionale Lösung musste her.“

So gründete der Forstwirt noch im gleichen Jahr die Bernd Schairer UG in Albstadt und begann mit der Herstellung von Sprossenschützern aus heimischem Hartholz. Schon kurz darauf wurde das gerade erst entwickelte Produkt auf der Erfindermesse iNEA in Nürnberg mit der Silbermedaille ausgezeichnet. Seit 2019 kooperiert die Firma zudem mit der Lebenshilfe Zollernalb, wo die Sprossenschützer zusammengebaut werden. Auch ein Patent wurde angemeldet und 2020 erteilt. Die neueste Auszeichnung für Schairers Idee ist der Innovationspreis Bioökonomie Baden-Württemberg 2021, der ihm kürzlich im Rahmen des 6. Bioökonomietages vom Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg verliehen wurde.

Regionales Eschen- oder Esskastanienholz ersetzt Kunststoff

Das Holz für den Schutz der Jungpflanzen stammt von Eschen oder Esskastanien. Diesen Rohstoff kauft die UG grundsätzlich regional ein, sodass möglichst kurze Transportwege anfallen. „Unser Esskastanienholz stammt aus dem größten deutschen Wuchsgebiet, dem Oberrheingraben. Die Esche haben wir bis vor zwei Jahren von der Schwäbischen Alb bezogen. Aber der Bedarf ist so gestiegen, dass wir nun auch mit einer Firma kooperieren, die Eschenholz verarbeitet und uns das Restholz überlässt. Das ist eine gute Lösung, denn die Reste werden normalerweise thermisch verwertet und nicht stofflich genutzt“, sagt der Unternehmer. „Während wir 2020 noch ca. 80.000 Einheiten produziert haben, waren das 2021 schon 200.000.“

Nahaufnahme der beiden Holz-Modelle.
Drei verschiedene Modelle sind aktuell erhältlich, darunter: „Mono 120“ mit 8 Quersprossen und 2 Riegeln sowie „Duo 120“ mit 26 Quersprossen. © Bernd Schairer

Das Kastanienholt – etwa 750 Festmeter im Jahr – kauft die Firma als Rundholz im Wald, lässt es schneiden und anliefern. Das Eschenholz wird, je nachdem wie die Reste anfallen, einmal pro Woche abgeholt. Das Holz wird zunächst auf dem Firmengelände vorkommissioniert, bevor es dann in trockener Form zur Lebenshilfe Zollernalb gebracht wird, wo die Sprossenschützer zusammengebaut und verpackt werden. Den Vertrieb übernimmt die Stingel Forst- und Handels GmbH in Albstadt, wo Schairer seit 2012 als Einsatzleiter beschäftigt ist. Die Kooperation mit der Lebenshilfe sei eine gute Sache, wie der Forstwirt von seinen Erfahrungen berichtet. Dies beschäftige dort etwa 35 Leute, das Holz sei angenehm zu verarbeiten und das Produkt einfach und qualitätstechnisch nicht so streng zu prüfen als wenn es für die Industrie bestimmt sei.

Drei verschiedene Modelle hat die Bernd Schairer UG bereits im Programm. Sie unterscheiden sich in Länge und der Zahl der Quersprossen voneinander. Zwei weitere neue Modelle sind bereits entwickelt. „Aber wir kommen derzeit einfach zu nichts mehr“, sieht der Experte sein Limit erreicht. „Wir werden definitiv unsere Produktionskapazitäten im Zollernalbkreis nicht ausbauen, das Ziel war es von vornherein, alles regional zu betreiben.“ Daher sollen vom Standort Saarbrücken Kunden außerhalb der Versorgungsmöglichkeiten der Firma im heimischen Albstadt beliefert werden, etwa im Saarland, Rheinland-Pfalz oder Luxemburg, auch um die Wege der Sprossenschützer zum Kunden kurz zu halten.

Nachhaltiger Schutz nur auf den ersten Blick teurer

Die Sprossenschützer aus Holz sind ca. 1,5-fach teurer als die Kunststoffpendants. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass keine Arbeitszeit mehr anfällt, um sie wieder abzubauen. „Es sei denn, die Pflanzen wachsen sehr schnell, z. B. in feuchtem Milieu. Dann könnte man die Schützer sogar auch noch ein zweites oder drittes Mal verwenden“, berichtet Schairer. „Der Abbau ist sehr einfach und nicht mit den Kunststoffhüllen vergleichbar. Unsere kann man mit normalen Arbeitshandschuhen ganz problemlos und schnell auseinandernehmen. Die Konstruktion ist eben aus der Arbeit heraus entstanden. Für die Kunststoffhüllen dagegen braucht man Spezialhandschuhe und verletzt sich trotzdem oft, weil sie manchmal so fest eingewachsen sind.“ Und er fügt hinzu: „Aber leider ist das Problem unserer Forstwirtschaft, dass nur in Haushaltsjahren gedacht wird: Wenn das dieses Jahr billig ist, was interessiert mich nächstes Jahr?“

Aber er betont nochmals: „Die Kunststoffhüllen an sich sind top. Das, was sie im Wald anrichten, geht lediglich auf Anwenderfehler zurück. Sie werden einfach nicht zur rechten Zeit wieder abgebaut. Aber wie sich der Markt letztlich entwickeln wird, ist unklar.“

Zu den neuen Modellen, die man in den nächsten Monaten noch auf den Markt bringen möchte, soll auch ein neuer Rohstoff kommen: Holz aus Eiche. Hierfür hat Schairer bereits Gespräche mit einem Unternehmen im Spessart geführt, wo das Naturprodukt als Abfall bei der Parkettherstellung anfällt und bislang ebenfalls nicht stofflich genutzt wird. Auch eine weitere Kooperation mit der Lebenshilfe Saarbrücken könnte hinzukommen. Hier würde man aber nur das Holz anfahren, weiteres Engagement übersteige die Möglichkeiten der kleinen Firma. Vom Standort Saarbrücken sollen die Kunden im Saarland, Rheinland-Pfalz und Luxemburg beliefert werden, um die Wege der Sprossenschützer zum Kunden kurz zu halten.

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