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Universität Hohenheim will die Bedingungen im Linsenanbau verbessern

Während die Linse früher als Essen für arme Leute galt, ist die Nachfrage heutzutage so groß wie noch nie1. Um dieser nachzukommen, muss allerdings der Linsenanbau in Deutschland wieder ausgedehnt werden. Darum ist die Universität Hohenheim an dem EIP-AGRI-Projekt „Rhizo-Linse“ beteiligt. Ziel des Projektes ist es, geeignete Rhizobienstämme für die Linsenpflanze zu finden, um so den Anbau und die Qualität zu verbessern.

Die Universität Hohenheim zählt sowohl in Deutschland als auch in Europa zu den bedeutenden Adressen in der Agrarforschung. Die Schwerpunkte der Agrarforschung in Hohenheim liegen in den Nutztierwissenschaften, der Agrartechnik, der Agrarökonomie, den Bodenwissenschaften sowie der Pflanzenproduktion. Insgesamt gibt es elf verschiedene Institute. Eines davon ist das Institut für Kulturpflanzenwissenschaften, dass sich mit allen grundlegenden Fragestellungen zu Kultur- und Nutzpflanzen beschäftigt sowie optimale Anbausysteme für den konventionellen und ökologischen Landbau.

Beginn der Linsenforschung

Zu sehen ist ein Linsen- und Gerstenbestand.
Linsen werden in der Regel zusammen mit Stützfrüchten angebaut. Diese dienen der Linse als Rankhilfe. © Carolin Weiler, Universität Hohenheim

Begonnen hat die Linsenforschung in Hohenheim ungefähr 2008. Zunächst haben sich die Wissenschaftler mit der Frage beschäftigt, welche Probleme sich beim Linsenanbau ergeben. „Mit dem Beginn der Forschung ist vieles andere im Linsenanbau ins Rollen gekommen und man hat schnell gemerkt, dass in dieser Nischenkultur noch Potenzial steckt“, erzählt Prof Dr. Sabine Gruber, die von Anfang an maßgeblich an der Forschung zur Linse beteiligt war. Im Gegensatz zu vielen anderen Forschungsvorhaben an der Universität stand das Institut bei diesem Projekt immer in engem Kontakt mit Landwirten.

Linsen gehören zur Familie der Leguminosen. Sie können mit Bodenbakterien der Art Rhizobium leguminosarum eine Symbiose eingehen und Wurzelknöllchen bilden. In diesen Knöllchen binden die Bakterien Luftstickstoff und stellen ihn der Linsenpflanze zur Verfügung. Im Gegenzug werden die Bakterien von der Pflanze mit Assimilaten versorgt. Dadurch sind Linsenpflanzen stickstoffautark und nicht auf Stickstoffdüngung angewiesen. Bei einigen anderen Leguminosen-Arten wird das Saatgut mit Rhizobienstämmen geimpft, um so bessere Erträge und Qualitäten zu erreichen. Hierbei wird das Saatgut mit einem Medium, das die Bakterien enthält, benetzt. So wird sichergestellt, dass ausreichend Rhizobien für die Symbiose mit den Pflanzen zur Verfügung stehen.

Die Linse ist hinsichtlich ihres Standorts nicht sehr anspruchsvoll, solange der Boden durchlässig ist und sie keiner Staunässe ausgesetzt ist. Das heißt, sie wächst auch auf kargen Böden, in denen nicht sehr viele Nährstoffe vorhanden sind. Dafür ist sie aber fordernd, was ihren Anbau und die Ernte betrifft. Linsen sind aufgrund ihrer Botanik nicht sehr konkurrenzstark gegenüber Unkräutern. Wegen ihrer Lageranfälligkeit ist es nötig, sie mit anderen Kulturen, auch Stützfrüchte genannt, anzubauen. Die negative Konsequenz daraus ist, dass zum einen die Gefahr für Pilzkrankheiten erhöht wird und zum anderen der Bestand schlecht und insbesondere ungleichmäßig abreift und dadurch die Ernte erschwert wird. Eine Stützfrucht kann der Linsenpflanze als Rankhilfe dienen und so das Lagern verhindern.

Zu sehen ist eine Sämaschine auf einem Feld.
Das Linsensaatgut kann zusammen mit dem Saatgut der Stützfrucht mit einer Sämaschine ausgesät werden. © Carolin Weiler, Universität Hohenheim

Aufgrund dieser Problematik forscht das Institut für Kulturpflanzenwissenschaften nun bereits seit über zehn Jahren daran, die optimale Stützfrucht für die Linse zu finden. Dabei wurden schon viele verschiedene Kulturen als Stützfrucht für die Linsenpflanzen in Versuchen getestet: zum Beispiel verschiedene Getreidearten wie Hafer, Gerste, Weizen, aber auch andere Kulturarten wie Senf, Öllein, Erbsen, Buchweizen und Leindotter. Am besten eignen sich laut Gruber Hafer oder Leindotter. Auch Erbsen könnten sich gut eignen. Diese sind allerdings noch in der Erprobungsphase. Wichtig ist, dass die Kultur eine Sommerung ist, da Linsenpflanzen nicht sehr frosttolerant sind. Eine gute Stützfrucht sollte konkurrenzstark gegenüber Unkräutern sein, dabei aber die Linse nicht unterdrücken. Außerdem sollte sie eine horizontale Blattstellung haben und eine ausreichende Standfestigkeit besitzen, damit die Linse gut an ihr hochwachsen und ranken kann.

Beteiligung am Projekt „Rhizo-Linse“

Da über pflanzenbauliche Maßnahmen inzwischen schon viel geforscht wurde und viel bekannt ist, ist es für die Wissenschaftler der Universität Hohenheim interessant, noch in weiteren Bereichen zu forschen. Momentan ist das Institut für Kulturpflanzenwissenschaften an drei Projekten zur Linsenforschung beteiligt – LinSel, TRUE und das EIP-AGRI-Projekt „Rhizo-Linse“. Dabei beschäftigt sich LinSel mit der Linsenzüchtung und TRUE (TRansition paths to sUstainable legume based systems in Europe) damit, geeignete Wege zur Ausweitung des Leguminosenanbaus und -konsums in Europa zu identifizieren. "Rhizo-Linse" soll Fragen zur Rhizobienimpfung von Linsensaatgut und dem bioökonomischen Potenzial von Linsen in Mischkultur klären. Bisher ist es noch nicht üblich, im Linsenanbau zusätzliche Impfmittel zur Inokulation mit Rhizobien zu verwenden. Der Grund dafür ist, dass bisher noch nicht bekannt ist, ob die Linse durch verschiedene Rhizobienstämme bessere Wachstumsbedingungen hat und widerstandsfähiger wird oder welche die am besten geeigneten Stämme sind. Deswegen gibt es bisher auch noch keine Impfmittel auf dem Markt.

Zu sehen sind die Projektbeteiligten auf einem Feld.
Die Projektbeteiligten des Projektes "Rhizo-Linse" begutachten das Linsen-Gersten-Gemenge auf dem Ihinger Hof. © nadicom GmbH

Die Universität Hohenheim ist in dem Projekt "Rhizo-Linse" für die Versuche zum praktischen Linsenanbau verantwortlich. Diese finden zum einen in Gewächshäusern statt und zum anderen auf der Versuchsstation der Universität Hohenheim, dem „Ihinger Hof“ in Renningen. Anschließend werden die Versuche zusätzlich auch auf Praxisbetrieben durchgeführt, um so die Praxistauglichkeit zu testen. Das Institut für Kulturpflanzenwissenschaften hat bereits in vergangener Zeit ähnliche Impfversuche mit Soja durchgeführt, sodass diese Erfahrungen in das Projekt „Rhizo-Linse“ eingebracht werden können.

Durch die Inokulation erhofft man sich, mit geeigneten Rhizobienstämmen höhere Erträge sowie eine bessere Qualität der Linse zu erreichen, sodass es für Landwirte noch attraktiver wird, Linsen anzubauen. In älteren Versuchen erreichten die Wissenschaftler der Universität Hohenheim Erträge von bis zu 3 t, während Landwirte bisher nur Erträge von 400 bis 600 kg erzielen können. „Das Ertragspotenzial von Linsen beträgt um die 3 t. Es wäre wünschenswert, wenn wir wenigstens Erträge von bis zu 1 t in der praktischen Landwirtschaft erreichen würden“, so Gruber. Ein langfristiges Ziel der Linsenforscher wäre es außerdem, dass Linsen eines Tages ohne eine Stützfrucht angebaut werden können. Vielleicht kann dies durch geeignete Rhizobienstämme oder verstärkte züchterische Bearbeitung verwirklicht werden.

Das Projekt wird von März 2019 bis Anfang 2022 im Rahmen der Europäischen Innovationspartnerschaft „Landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit“ (EIP-AGRI) mit einer Summe von 655.500 € vom Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) und vom Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg gefördert.

Literatur:

https://www.uni-hohenheim.de/pressemitteilung?tx_ttnews[tt_news]=32569

Seiten-Adresse: https://www.biooekonomie-bw.de/fachbeitrag/aktuell/universitaet-hohenheim-will-die-bedingungen-im-linsenanbau-verbessern